Freitag, 10. Juli 2015

Automotive Art

Auto-Motive in der Kunst


Automotive Art ist ein in Deutschland leider immer noch ziemlich unterbelichtetes Thema. Das verwundert eigentlich, denn auch andere Automobilia wurde schon längst als begleitendes Sammelgebiet rund um den Oldtimer entdeckt. In den USA gehört Automotive Art dagegen beinahe seit jeher zum Hobby. Beim Concours d'Elegance von Pebble Beach und auch in Amelia Island stellen z. B. die Mitglieder der 1982 gegründeten, elitären AFAS (Automotive Fine Arts Society) alljährlich ihre neuesten Werke aus. In der AFAS haben sich heute 30 handverlesene Künstler zusammengeschlossen, deren Werke schon mal Dollarbeträge im 4- und 5-stelligen Bereich kosten und auch tatsächlich gekauft werden. Eine Mitgliedschaft in der AFAS ist nur "by invitation" zu bekommen.

Unter den aktuellen Mitgliedern ist seit kurzem (2013) als einziger deutschsprachiger Künstler der Österreicher Klaus Wagger vertreten, der u.A. das Plakat zur Daytona 500 in 2007 oder das Mille Miglia-Plakat 2000 gestaltet hat. Meine persönliche Vorliebe gilt dagegen den Werken von Jack Juratovic, einem der Gründer der AFAS, sowie Tony Sikorski und Tom Fritz. Zu Jack Juratovic hat sich über die Jahre sogar eine richtige Freundschaft gebildet und gleich drei seiner Bilder schmücken mein Büro - leider keine Originale, die alle jeweils über 10.000 Dollar gekostet hätten, sondern Kunstdrucke.

Klaus Wagger, "Rossfeld"


Jack Juratovic, "Road and Track November 1935"

Tom Fritz, "No Loud Thunder"

Toni Sikorski, "car sculpture"

Denn die meisten Maler unter den AFAS-Mitgliedern geben normalerweise auch limitierte Kunstdrucke heraus, die mit Preisen ab 100 Dollar  deutlich erschwinglicher sind als die Originale, jedoch keineswegs weniger reizvoll. So haben auch drei Bilder von Tom Fritz den Weg nach Deutschland gefunden und erzählen von epischen Szenen der Hot Rod Races vergangener Tage.

Tony Sikorski's Kunst ist dagegen dreidimensional, deshalb aber nicht weniger teuer. Mit etwas Glück jedoch findet sich auch mal ein noch halbwegs bezahlbares Stück, denn wie alle Künstler müssen auch AFAS-Mitglieder ihr Brot hart verdienen. Um die Kosten für die Ausstellungen zu finanzieren, gibt es daher immer wieder etwas preiswertere Stücke, die sich - wie sollte es anderes sein - natürlich besser und schneller verkaufen, als die teuren Meisterwerke. Trotzdem - herausgelöst aus dem Gesamtangebot in Pebble Beach, macht der blaue Streamliner auf meinem Schreibtisch eine extrem gute Figur.


Was ich damit sagen will: Auch mit einem bescheidenerem Budget lässt sich Automotive Art erwerben. Besonders - aber nicht nur - wenn man dann auch die dazugehörigen Künstler und ihre anderen Werke persönlich kennt, macht ein schön gerahmter Kunstdruck oder eine einfache Skulptur so einiges her.

In Deutschland dagegen hört man bei Kunstdrucken gerne die Frage, warum man für ein "Poster" mehr als 10 Euro ausgeben sollte. Es herrscht also leider weitestgehende Ignoranz dieser Kunstrichtung gegenüber und der Unterschied zwischen Poster und Kunstdruck wird ebenso wenig gewürdigt wie der Unterschied zwischen billiger Grafik und "richtiger" Kunst. Besonders drastisch ist die natürlich bei Fotografien, die hierzulande kaum als Kunst akzeptiert sind - zumindest nicht im Automotive-Bereich.

Fast alle Plakate des Pebble Beach Concours d'Elegance stammen von AFAS-Mitglieder, aber auch andere Veranstaltungen in den USA bedienen sich der Dienste der Künstler. Die Plakatkultur in Europa und besonders in Deutschland lag dagegen mehr oder weniger danieder. Davon enttäuscht habe ich,  angeregt von der herrlichen Pebble Beach-Motiven, im Jahr 1995 begonnen, die Plakate der CLASSIC MOBIL ebenfalls von Künstlern gestalten zu lassen. Georg Baumhakl hat z. B. gleich mehrere Motive gestaltet. Zwei davon gefielen mir auf Anhieb überhaupt nicht besonders, aber gerade diese beiden, der Mini und der VW Bus, sind heute meine Lieblingsmotive in der Galerie der CLASSIC MOBIL-Plakate.

Plakat Classic Mobil 2001, poster art: Georg Baumhakl

Plakat Classic Mobil 2002, poster art: Georg Baumhakl

Georg Baumhakl (Sepia)

Bald schon zogen andere Veranstalter nach und heute (eigentlich schon seit vielen Jahren wieder) ist es eigentlich eine Freude, zu sehen dass sehr viele Plakaten wieder Kunstwerke zugrunde liegen und nicht nur bedauernswerte "graphische" Lösungen.

Das gesamte Spektrum der Kunstrichtung "automotive art" ist schier unerschöpflich. Und interessanterweise ist das Auto natürlich Motiv, Medium, sogar Gegenstand von Kunst auf der ganzen Welt. Es findet sich in zahlreichen Ländern, da es wie kaum ein anderes Produkt das Leben in der Moderne verändert hat. Künstler wie Wolfgang Platz oder H. A. Schult nehmen sich in häufig Aufsehen erregenden Aktionen seiner an, BMW sammelt die sogenannten "art cars2, die von bekannten Künstlern gestaltet wurden.  Unsereins (also der normale Auto- oder Oldtimer-Fan) wird sich jedoch sicher mehr auf das Sammeln von Bildern und halbwegs handlichen Skulpturen beschränken

traditionelle indische Miniaturmalerei aus Jodhpur, Rajasthan

BMW Art Car, gestaltet von Jeff Koons (Foto: BMW)

Soll auf artgerechte Tierhaltung aufmerksam machen: Kunstwerk/Installation auf dem Tollwood-Festival München, 2015, von Miina Äkkijyrrkä (Foto: Tollwood)

Robert W LaDuke
amerikanische Nummernschilder


Dabei bleibt festzuhalten, dass die "automotive art" ein weites Sammelgebiet ist, das größtenteils noch nicht die Beachtung fand, die es eigentlich verdient hat. Und wie überall gilt es, Kitsch von Kunst zu unterscheiden.








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